Die literarische Bedeutung von Inseln
(Dieser Text stammt von Michi / eMail an Michi

Was ist eine Insel?
Wenn man diese Frage stellt, wird man die verschiedenste  Antworten erhalten.
Ein Lexikon hilft einem mit solchen Informationen weiter : "Insel, ein rings von Wasser umgebenes Landstück ( außer den Kontinenten ). (...) Die Inselwelt der Erde umfasst rund 10,5 Mill. qkm; die größten sind ..... "
Der Großteil der Bevölkerung würde auch sagen, es sei eine Erhebung im Meer, ein Stück Land, welches von Wasser eingeschlossen ist. Andere würden einfach sagen, ein Ferienort oder einfach ein paar Namen aufzählen, wie Hawaii oder Island.

Doch ein Autor sieht mehr in diesem Wort, für in stellt es einen Ort da, auf dem alles möglich ist. Es ist ein Ort der von der Außenwelt abgeschnitten ist und auf dem sich etwas entwickelt hat, dass unserer Zivilisation völlig fremd erscheinen kann.
Eine Insel ist ein Ort, auf dem keine uns bekannten Normen Gültigkeit haben müssen, ja noch nicht einmal etwas Simples wie die Schwerkraft.

Mancher wird sich fragen: "Warum nimmt der Autor nicht gleich 'nen anderen Planeten?"

Ich erkläre mir das folgendermaßen:
Ein fremder Planet ist unerreichbar. Der Leser wird dann denken : Ja, ja, der kann mir viel erzählen, ich kann es eh nicht kontrollieren, also kann es genauso gut totaler Unsinn sein.

Aber bei einer Insel, ja bei einer Insel ist das anders. Eine Insel wird meistens so beschrieben, dass es zumindest in Erwägung zu ziehen ist, dass diese Insel existiert.
Der Leser wird stets daran glauben, auch wenn nur in sehr geringen Maße, dass es diese Insel, irgendwo auf den Weltmeeren, geben könnte.
Auch nur der kleinste Gedanke daran bringt den Leser ein großes  Stück  näher an die Geschichte. Zumal er vielleicht denkt: Das könnte ich sein, ich könnte eines Tages auf dieser Insel landen.
Nehmen wir zum Beispiel Avalon. Die mysteriöse Insel auf der das Grab des legendären König Artus liegen soll. Hätte es am Ende geheißen : "...und Artus schritt durch ein Tor aus Magie in eine uns nicht bekannte Welt und wart nie wieder gesehen", wäre für jeden die Sache erledigt gewesen und eine Legende wäre vergessen worden.
Doch so liegt sein Grab auf Avalon, einem entlegenen Flecken unseres Planeten, einer Insel. So wird es stets ein paar Leute geben, die nach Avalon suchen. Auch wenn es nur ein paar sein mögen, so wird die Sage niemals aussterben.
Inseln müssen aber nicht immer etwas Magisches sein, es reicht manchmal auch nur einen Ort zu projizieren der von der Zivilisation verschont geblieben ist. Auf diese Insel wird noch schnell ein Mensch gesetzt und die Phantasie der Leserschaft schnellt in ungeahnte Höhen.
... wie wird er überleben... wird er überhaupt überleben.... was wird er tun.. All das geht in dem Leser vor und wem springt da nicht gleich der Name Crusoe ins Gesicht. Der gute alte Robinson. Ein Mann gegen die Natur. Nur mit ein wenig Treibgut und seinem treuen Freund Freitag gestrandet auf einer Insel mitten im Nirgendwo. Fast jeder kennt diese Geschichte oder hat schon mal von ihr gehört. Das Werk von Daniel Defoe hielt sich im Gedächtnis der Menschen und dies ganz sicher nicht zu letzt wegen dem Aspekt der Insel......
Auf diese Weise können Inseln die verschiedensten Formen annehmen, ob rund oder eckig, ob schmal oder breit. Eine Insel muss noch nicht mal eine Insel sein!!
D.h., sie muss nichts mit Wasser, Strand, Dschungel und dergleichen zu tun haben. Eine Insel kann auch auf dem Land zu finden sein. Nehmen wir doch z.B. Las Vegas, die Stadt des Glücksspiels, im Süden von Nevada. In diesem riesigen Wüstengebiet erheben sich, mitten in der Öde von Fels und Sand, riesige Gebäude. Genau betrachtet weisen solche Städte jeden Aspekt auf, den auch eine Insel zu bieten hat, naja , vielleicht abgesehen von Wasser und Strand. Wieder ein Fakt, der die These befestigt, dass ein Autor beim Erschaffen von Inseln völlige Handlungsfreiheit geniest. Wenn es selbst in der Realität Insel ohne Meer gibt.
So sieht jede literarische Insel etwas anders aus, was wiederum heißt das eine literarische Insel nicht vollkommen sein muss. Damit meine ich nicht das diese Insel nicht ohne andere Inseln oder gewisse Importe existieren kann, nein, ich meine das der Autor niemals gezwungen ist eine komplette Insel zu erschaffen. Eine einzige Bucht reicht, um damit die gesamte Insel darzustellen. Der Leser wird sich zwar nach seinem Vorstellungsvermögen die restliche Insel formen, und vielleicht nimmt durch diesen "Denkanstoß" die Qualität des Buches zu, aber auch nur eine Handlungsfläche von ein paar Quadratmetern reicht voll und ganz um eine riesige, oder auch winzige Insel zu beschreiben. So liegt die wahre Form und die Macht  diese Form zu verändern stets in dem der das Buch in der Hand hält. Doch leider gibt es auch auf diese Weise Einschränkungen, denn jeder Leser kann seine Insel, pro Buch, nur einmal formen, danach hat sich ein festes Bild im Kopf platziert . So entstehen maximal nur so viele Insel wie Menschen auf der Welt. Und sind das wirklich genug???

Aber was ist nun eine Insel??? Ist es wirklich etwas so mächtiges??? Oder sind es vielleicht doch nur ein paar willkürliche Buchstaben in einem willkürlichen Buch???
Ich kenne die Antwort nicht, aber ist die Antwort so wichtig, wahrscheinlich ist allein die Suche danach genug.
Und wenn es überhaupt eine Antwort auf die Frage gibt dann ist sie außerhalb der Insel.

Der Insel mit dem Namen :  Menschlicher Verstand.